Léana Wendland, Schülerin der Jahrgangsstufe 13 des St.-Willibrord-Gymnasiums, entdeckte ihre Leidenschaft für chemische Zusammenhänge bereits in der neunten Klasse. Dass sie im September 2021 mit gerade mal 18 Jahren als eine von vier Autoren eines wissenschaftlichen Beitrags in der Zeitschrift für Naturforschung B vom renommierten Verlag deGruyter genannt wird, ist dennoch außergewöhnlich.
Die Chemie stimmte – und so organisierte ihr Chemielehrer Holger Fränzl vor etwa zwei Jahren ein Praktikum an der RWTH Aachen. Hier, in der Arbeitsgemeinschaft für Kristallographie und Strukturchemie des Instituts für Anorganische Chemie, unter Leitung von Prof. Dr. Ulli Englert, führte sie ein Projekt zu Metallkomplexen mit der modifizierten Aminosäure Betain durch. Den Hintergrund bildete ein Firmenprojekt zu Ergänzungsmitteln für Tierfutter – und bald schon wurde klar, dass es zum Thema Betain-Komplexe nur wenige veröffentlichte Strukturen gab. Damit war die Idee geboren, die noch weitgehend unbekannten Komplexe herzustellen und anschließend zu charakterisieren. Viele Stunden ihrer Freizeit verbrachte Léana Wendland seither nicht nur in den Chemieräumen des Gymnasiums, sondern auch in den Einrichtungen der RWTH Aachen. Hier half die gute Chemie zwischen Herrn Fränzl und Professor Englert, der wiederum mit seinem Doktoranden Steven van Terwingen und der Laborantin Irmgard Kalf das Forschungsquintett für die Veröffentlichung komplettierte.
Betain ist eine ursprünglich aus der Zuckerrübe gewonnene modifizierte Aminosäure, die z.B. als Nahrungsergänzungsmittel (in Verbindung mit Vitaminen) oder bei kosmetischen Produkten Verwendung findet. Dem Team mit der jungen Chemikerin ging es aber nicht darum, einen konkreten neuen Nutzen des Zwitterionen in Verbindung mit Metallen zu finden – „Wissenschaft ist zunächst immer erst einmal zweckfrei“, so Holger Fränzl. Wahrscheinlich lassen sich nur so unerwartete Entdeckungen machen. Und so entstanden viele Komplexe des Betains mit Übergangsmetallen, aber auch mit Erdalkalimetallen wie Strontium und Barium und Vertretern der Lanthaniden, der „seltenen Erden“. Untersucht wurde dann – wie bei den Kristallographen üblich – mit Hilfe der Röntgenstrukturanalytik – und am Ende war es eine spannende Entdeckung: Die gut kristallisierenden Verbindungen von Zink, Cadmium und Quecksilber zeigen neue, bis dahin nicht bekannte, hochgradig verzerrte und recht komplizierte Strukturen – chemisches Neuland, das nun zu einem wissenschaftlichen „Paper“ geführt hat – das natürlich auf Englisch abgefasst sein wollte – auch dies eine neue Herausforderung für die junge Forscherin.
Und wie geht es nun weiter? Da gibt es schon einige Ideen, denn das Betain ist ein spannendes Molekül, wie man in Aachen und in Bitburg nun gelernt hat – ein neues Projekt steht an.
Vielleicht wurden der Naturwissenschaft bahnbrechende Erkenntnisse geliefert, die wiederum der Ernährung, Medizin, Kosmetik… neue Wundermittel ermöglichen? Wer weiß – aber das interessiert unsere junge Forscherin momentan wenig, für sie ist es einfach ungeheuer spannend, Neues zu entdecken.